Julia Domna war als Kaisermutter für das geistige Leben sehr aufgeschlossen.
Sie trug die Titel „Mutter des Feldlagers, des Senats und des Vaterlands“ und „Mutter des römischen Volkes“ und konnte sogar auf die Reichsverwaltung einen begrenzten Einfluss nehmen, dessen Ausmaß in der Forschung umstritten ist.
In der Philosophie wurde sie als die Frau gefeiert, welche für die Philosophie im römischen Reich einen Ehrenplatz wiederherstellte.
Um sie hatte sich schon zu Lebzeiten ihres Mannes ein Kreis von Literaten und philosophisch Interessierten gebildet. Zu ihnen gehörte der Schriftsteller Flavius Philostratos, der Autor einer romanhaften Lebensbeschreibung des pythagoreischen Philosophen Apollonios von Tyana, die er seiner Behauptung zufolge auf Julias Wunsch verfasste. Dieses Werk vollendete er aber erst nach Julias Tod.
Philostratos bezeichnete die Kaiserin als Philosophin[und erwähnte, dass sie rhetorische Betätigung schätzte und förderte und auf einen gepflegten literarischen Stil besonderen Wert legte. In einem Brief an Julia, dessen früher bezweifelte Echtheit heute als gesichert gilt, verglich er sie mit der berühmten Athenerin Aspasia. Der Brief vermittelt einen Eindruck von den Interessen des Literatenkreises: Philostratos verteidigte die Sophisten, insbesondere den berühmten Redner Gorgias, und ihren üppigen, kunstvollen Stil gegen die Kritik Plutarchs. Anscheinend bevorzugte Julia einen einfacheren Stil. Der Brief setzt voraus, dass die Kaiserin über ausreichende Bildung verfügte, um Philostratos†literarische Bezugnahmen zu verstehen und zu würdigen. Allerdings ist mit der Möglichkeit zu rechnen, dass er den Brief nicht abgeschickt hat.
Die Intellektuellen pflegten die Kaiserin wohl auf Reisen zu begleiten. Zu der Gruppe zählten neben Philostratos der Sophist Philiskos von Thessalien, dem Julia den Rhetoriklehrstuhl in Athen verschaffte, und vermutlich der spätere Kaiser Gordian I.; weitere Namen sind nicht bekannt.
Bei modernen Historikern war bis ins 20. Jahrhundert die heute überholte Auffassung verbreitet, mit dem Auftreten Julia Domnas habe im Zentrum des Römischen Reichs eine verhängnisvolle Orientalisierung eingesetzt, die sich in der späteren Severerzeit verstärkt habe.
Sehr hoch veranschlagte auch Alfred Heuß (1960) die Bedeutung der Kaiserin. Er wertete sie aber positiv, denn er sah in Julia Domna und den weiblichen Mitgliedern ihrer Familie einen gewichtigen stabilisierenden Faktor. Ihnen sei es gelungen zu verhindern, dass bereits nach dem Tod des Severus das Kaisertum zu dem Spielball disparater Kräfte wurde, den es während des folgenden halben Jahrhunderts mit geringen Unterbrechungen abgeben soll.
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