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SOPHIE

Lexikon der Philosophinnen

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Amalia Holst

Lebte:

10.02.1758 - 1829

Nationalität:

deutsch

Fachgebiet:

Pädagogin der Aufklärung

 

Über das Leben Amalia Holst`s, geboren in Altona oder in Mecklenburg, ist relativ wenig bekannt. Sie wird oft als das deutsche Pendant von Mary Wollstonecraft benannt.  Ihr Vater stand der Frauenbewegung als Intellektueller offen gegenüber. 1760 veröffentlichte er mit dem Vorschlag von Errichtung einer Akademie für das Frauenzimmer seine Forderung nach einer neuartigen Frauenbildung. Er schrieb darin„daß es ungemein nützlich und heilsam seyn würde, wenn man sich eine vernünftige Erziehung des weiblichen Geschlechts mehr angelegen seyn ließe, und eine gewiße Art von höhern Schulen und Akademien vor dasselbe errichtete.“Amalia Holst heiratete 1792 in Hamburg den Juristen Ludolf Holst. Mit Ihrem Mann, dem Juristen Ludolf Holst betrieb sie Erziehungsanstalten in Hamburg, Wittenberg, Boitzenburg, Schwerin und Parchim. Sie lebten die Ehe als Arbeitsgemeinschaft und bekam drei Kinder.. Von Aufzeichnungen aus 1807 weiß man, dass Amalia Holst in Wittenberg, ihr Mann in Hamburg gemeldet waren. Die beiden scheinen also getrennt gelebt zu haben.

Sie verfasste mehrere Schriften, für die sie von der Universität Kiel nach ihrer Promotion

als erste Frau Deutschlands mit dem Doktortitel der Philosophie

seitens der Universität Kiel  ausgezeichnet wurde.

Quelle hierfür ist das Damen-Conversations-Lexikon verzeichnet 1864.

 

1791 formulierte Holst ihre Bemerkungen über die Fehler unserer modernen Erziehung. Die alten Erziehungsmethoden seien nur eine Gedächtnisübung, ohne dass auf die Entwicklung des Geistes Rücksicht genommen werde. So habe man nur „oberflächliches Vielwissen” und Selbstgefälligkeit gefördert. Sie knüpft bei Johann Bernhard Basedow, Joachim Heinrich Campe und Christian Gotthilf Salzmann an, derer theoretischen Vorstellungen sie sich anschließt. Deren Konzepte seien aber praktisch mangelhaft umgesetzt. Sie beklagte das viele Gerede, und das zu wenig an Handlung. Im „spielenden, sich ganz nach der Laune des Kindes bequemenden Unterricht” lehnte sie ab, da er zur Oberflächlichkeit erziehe. Die Folge sei, dass sich die Schüler statt ausgiebig mit dem Nützlichen, nur auf die Schnelle mit dem was sie gerade anspricht beschäftigten, bis es den Reiz des neuen verloren habe. Man solle dem Kind nichts vorsetzen, sondern ein beobachtetes individuelles Interesse gezielt vertiefen. In den Bemerkungen über die Fehler unserer modernen Erziehung wird nicht zwischen Jungen- und Mädchenbildung unterschieden. Es findet keine explizite Betrachtung der Geschlechterfrage statt.

„Wenn sich nun eine (spekulative Philosophin – M.C.) unter den Frauen ganz dem Studium dieser ernsten Wissenschaften überliesse, und dadurch der Welt nützlich würde, wer könnte es ihr untersagen, unverehelicht zu bleiben, wie Kant es ist, wie Leibnitz es war?“

1795 erschien in Leipzig, zunächst anonym Elisa oder Das Weib, wie es seyn sollte, ein Roman von Wilhelmine Karoline von Wobeser. Darin wird die Titelheldin, Tochter, Ehefrau und Mutter Elisa als Ideal einer traditionellen Vorstellung weiblicher Tugenden dargestellt. Dieses Werk reizte Holst zu ihren in Zeitschriften veröffentlichten Briefen an Elisa (1799/1800), in denen sie die idealisierte Unterordnung der Ehefrau kritisierte. In den Briefen beruft sie sich auf Jean-Jacques Rousseau, Jean de Lafontaine, Christoph Meiners und Carl Friedrich Pockel. Holsts Einschätzung Rousseaus unterliegt mit der Zeit einem Wandel. Dessen im Roman Julie, ou la nouvelle Héloïse gezeigtes Frauenbild erhält in den Briefen über Elisa noch ihre Zustimmung. In ihrer Bestimmung des Weibes zeichnet sie hingegen das Bild Rousseaus als reaktionären Rechteverweigerer. Hier weist sie stattdessen auf Theodor Gottlieb von Hippel hin, dessen Abhandlung Über die bürgerliche Verbesserung der Weiber sie mehr Aufmerksamkeit wünscht. Hippel wird als wahrscheinlicher Ideengeber des stärkere Nachdrucks im Vergleich zu den Briefen an Elisa vermutet. Amalia Holst tritt der Unterstellung, Frauen könnten weniger präzise denken, entgegen. Im Sinne der Aufklärung weist sie darauf hin, dass sich der Mensch erst durch Bildung zu einer mündigen Person mache. Von der Ehe schreibt sie, diese sei als Vertrag unter gleichberechtigten Partnern anzusehen. Ihre Grundlage könne nur Liebe, nicht ein Herrschaftsverhältnis sein. Die Vorstellung einer durch hintergründige Beeinflussung ihres Gatten ihre Wirkung entfaltenden Frau, weist sie zurück:

„Die unsichtbaren Fäden, womit wir bisher hinter den Kulissen das Maschinenwerk des großen Schauspiels der Welt geleitet haben, werfen wir hinweg, weil es unter unserer Würde als Mensch ist, uns ferner zu verstellen, um durch List und Ränke zu unserem Zweck zu gelangen.“

1802 erschienen in ihrem Hauptwerk

„Über die Bestimmung der Weibes zur höheren Geistesbildung”

In ihm kritisierte sie die Ungerechtigkeit und geschlechtsbezogene Parteilichkeit des Mannes. Sie nannte die Scheinargumente der Männer „Afteraufklärung”, wenn diese versuchte, die höhere Bildung als Widerspruch zur Berufung der Frau als Mutter und Hausfrau darzustellen. Vor allem wandte sie sich gegen jede naturrechtlich gestützte These, die von der physischen wie psychischen Minderwertigkeit der Frau ausging. Sie kam zu dem Schluss, dass die Ehe ein Vertrag unter gleichen und freien Personen sein muss, soll die Liebe auf Dauer eine Chance erhalten. Im Geiste der Aufklärung trat sie hier für das Naturrecht aller Menschen auf Bildung ein. Die Beschränkung auf Männer folge dem Recht des Stärkeren, was von der Kultur überwunden werden müsse.

Wie Rousseau erfährt auch Pockel hier eine Neubewertung. Dessen Schreiben über eine durch Bildung abgelenkte, ihre häuslichen Pflichten vernachlässigende Frau, parodiert Holst, in dem sie im selben Stile von einigen durch Bildung abgelenkten Männern berichtet. Wenn man einer Frau Bildung verweigere, um sie nicht abzulenken, müsse man auch den Männern jegliche über ihre beruflichen Notwendigkeiten hinausgehende Bildung versagen. Sie kritisierte die Inkonsistenz des Begriffes „Natur“ insbesondere bei Rousseau, der ständig den Naturzustand mit der Kultur und mit dem Sittengesetz verwechselt.

„Woher kommt aber jener Irrtum gebildeter Männer, wenn sie über Menschenrechte im bürgerlichen Verhältnisse philosophieren? Nur aus dem Hange des menschen, vermöge dessen wir nicht gern Rechte teilen, welche wir so lange ungeteilt uns ausschließlich genossen haben.“

Holst räumt für unverheiratete Frauen die Möglichkeit ein, sich dank ihrer Bildung um ihre Versorgung verdient machen zu können. Sonst spricht sie von traditionellen familiären Aufgaben der Frau.

Die Ehe versteht sie als zärtlichen und innigen Bund  und nicht als Herrschaftsverhältnis. Es sei nur natürlich, dass sich die Schwächen und Mängel der beiden PartnerInnen in der Ehe besonders deutlich zeigen, da die Beziehung sehr eng ist. Dies sei aber kein Grund, die Frauen als dümmer hinzustellen und sie auf eine Dienstbotin zu reduzieren. Holst votiert für die Ehe als Vertrag zwischen zwei freien Individuen, die gleiche Rechte und Pflichten haben. Beide könnten dadurch die Vorzüge der Geselligkeit genießen und sich fortpflanzen, um ihre Kinder zu nützlichen Mitgliedern der Gesellschaft zu erziehen. Damit stellt sich Holst gegen die Vorstellungen wie sie Fichte in seiner Grundlage des Naturrechts geäußert hat, in der er die Notwendigkeit der Unterordnung der Frauen in der Ehe postuliert. Für Holst kann sich Liebe nur unter Gleichen entwickeln: “€žBei Autorität und Herrschaft gedeihet die Liebe nicht”. Um eine solche gleichberechtigte Beziehung zu leben, müsse aber die Frau diesen Bund mit voller Verantwortung eingehen und dazu gehöre auch ein gewisses Maß an Bildung. Nur so könne eine Familie harmonisch und stabil sein und glückliche Kinder hervorbringen. Der Schluß ihrer Argumentation besteht in der Feststellung, daß Männer durch die Gelehrsamkeit ihrer Frauen nur gewinnen und nicht verlieren würden, denn nur eine gebildete Frau känne in der Ehe die innigste Freundin ihres ebenso gebildeten Mannes werden und so ihre Pflichten zuverlässig erfüllen. (Auszug aus: Die Welt der Philosophin, Band III)

Bei ihrer Betrachtung der Frauenbildung hat sie stets nur die höheren Stände im Sinn.

 

Klassizismus-Ornamente 11

 

 

„Denkt etwa unser Geist nach anderen logischen Gesetzen, nimmt er die Dinge der Außenwelt anders auf, als die Männer?

Wer wäre der, der dies zu behaupten wagen möchte?”

 

„ Das Weib ist nicht des Mannes, der Mann nicht des Weibes wegen da; sie sind eins um des anderen willen erschaffen, im völlig gleichen Verhältnis. (…)

So haben die Weiber als gleich frei geborene Menschen, dasselbe Recht (…).

 

 

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