Olympe de Gouges wurde in Montauban nahe Toulose in Südfrankreich als Marie Gouze geboren, sie war kleinbürgerlicher Herkunft. Obwohl genauso klug wie schön, wurde ihre Intelligenz nicht gefördert: Sie konnte schlecht lesen und schreiben, als Südfranzösin beherrschte sie okzitanisch, französisch nur mangelhaft und diktierte später alle ihre Werke Sekretären.
Trotz ihres mehrfachen Makels des "falschen" Geschlechts, der "falschen" Herkunft und der schlechten Erziehung, ohne Vermögen, Witwe, gab sich Marie Gouze mit dem ihr vorherbestimmten Leben nicht zufrieden. Sie zog mit einem reichen Transportunternehmer ins vorrevolutionäre Paris, wo sie sich den schöner und aristokratischer klingenden Namen "Olympe de Gouges" gab und Kontakt zu den gebildeten Kreisen, den kulturellen Zirkeln und Salons suchte. Sie lebte von Unterhaltszahlungen ihrer Liebhaber, und die Verleumdungen, sie sei eine Hure, nahm sie in Kauf, um ihren Traum zu verwirklichen: Sie wollte Schriftstellerin werden.
Olympe de Gouges versuchte ihren Lebensunterhalt als Theaterautorin zu bestreiten. Jahrelang kämpfte sie um die Aufführung ihrer Stücke in dem konservativen, dem König unterstellten Theater Comédie Francaise. Bereits eines ihrer ersten Stücke wurde in Paris zu einem Politikum. In "L´Esclavage des Nègres" prangerte sie die Sklaverei in den Kolonien an. Bereits nach drei Vorstellungen ließ der Bürgermeister von Paris das Stück wieder absetzen. In den Zeitungen wurde de Gouges verhöhnt. Erbittert schrieb sie:
"Warum diese unerschütterliche Voreingenommenheit gegen mein Geschlecht? Und warum sagt man, wie ich es habe laut sagen hören, daß die Comédie Francaise keine Stücke von Frauen spielen sollte? Ich bin eine Frau, wenig reich ... Wird es den Frauen denn niemals erlaubt sein, den Schrecken der Armut anders zu entkommen als mit niederträchtigen Mitteln?"
„Neben der Arbeit an Dramen, Komödien und Vorworten schreibt sie ab 1784 den Briefroman
»Denkschrift der Madame de Valmont«,
der 1786 erscheint, 1788 in zweiter Auflage. Darin thematisiert sie das Verhältnis »natürlicher« Väter, namentlich hohen Standes, zu ihren »Bastard«-Kindern, die sie, wie ihre Mütter gewissenlos einem Leben im Elend überantworten. Mit ihrer höchst kritischen Darstellung eines exemplarischen Falles thematisiert Mme de Gouges den weit verbreiteten Skandal, seine Ursachen und Folgen: das Fehlen jeglichen gesetzlichen Schutzes dieser Opfer, Kinder und Mütter, dem die gesetzliche Privilegierung der Väter entspricht. Da ihre Vaterschaft nicht festgestellt wird, können sie sich aller Pflichten entledigen. Folgen dieser Gesetzeswillkür, unterstützt von katholischer Doppelmoral, sind tiefstes Elend dieser unschuldigen Mütter und ihrer »Bastarde«, sofern sie überleben – und Kindesaussetzungen: allein in Paris werden jedes Jahr etwa 5000 Findelkinder ausgesetzt. Bekanntlich entledigte sich Rousseau auf diese unmenschliche Weise der Vaterpflichten für seine fünf Kinder. In diesem Zusammenhang kritisiert die Autorin entschieden die Galanterie dieser Sorte Männer, da sie in den verantwortungslosen, galanten Verführern die Verursacher des Elends ihrer »Bastard«-Kinder und deren Mütter sieht.“ (Dr. Hannelore Schröder)
Bereits im Jahre 1788 erscheinen ihre bisherigen Werke in drei Bänden. In ihrem umfangreichen, utopischen Roman
»Der philosophische Prinz« (1792)
formuliert sie radikal-universale Gedanken zur Rechtsgleichheit.
Olympe de Gouges zeigt in ihrem Roman, der von einer Liebes- und Leidensgeschichte getragen wird, dass ein philosophischer Prinz vor allem Tugend besitzen muss, um seine politische Aufgabe zu erfüllen und nicht der Korruption anheim zu fallen. Fragen nach Regierungsverantwortung und dem Wohl der Nation, nach einem humanen Strafrecht, der Unsinnigkeit von Standesdünkel, der Selbstverantwortung denkender wesen und der Gleichberechtigung der Frauen werden im Verlauf der Erzählung thematisiert, argumentiert und an verschiedenen Schauplätzen illustriert.
Angeregt durch die revolutionären Ereignisse ab 1789 wandte sie sich immer mehr der Politik zu. De Gouges besuchte regelmäßig die Sitzungen der Nationalversammlung. Ihre Ideen verwandelte sie in Vorschläge zu sozialpolitischen Maßnahmen, die sie auf eigene Kosten drucken und als Plakate anschlagen ließ. So wurden sie in ganz Paris diskutiert.
Mit ihrer "Erklärung der Rechte der Frau und Bürgerin"
war Olympe de Gouges die erste Person, die wirklich umfassende Menschen- und Bürgerrechte formuliert hatte. Die Deklaration erregte in ganz Frankreich und sogar im Ausland Aufsehen.
„Mann, bist du fähig, gerecht zu sein? Es ist eine Frau, die dir diese Frage stellt, zumindest dieses Recht nimmst du ihr nicht. Sag mir, wer hat dir die unumschränkte Herrschaft verliehen, mein Geschlecht zu unterdrücken? Deine Kraft? Deine Begabungen? Beobachte den Schöpfer in seiner Weisheit; prüfe die Natur in ihrer ganzen Größe, der du dich annähern zu wollen scheinst, und gib mir, wenn du es wagst, ein Beispiel für diese Tyrannenherrschaft. Forsche bei den Tieren nach, befrage die Elemente, untersuche die Pflanzen, wirf schließlich einen Blick auf all die Wandlungen in der organisierten Materie und stelle dich dem Offenkundigen, wenn ich dir doch die Mittel dazu kundtue; suche, durchstöbere und unterscheide, wenn du es kannst, die Geschlechter in der Organisation der Natur. Überall findest du sie ununterschieden, überall tragen sie gemeinsam als harmonisches Ganzes zu diesem unsterblichen Meisterwerk bei. Nur der Mann hat sich einen davon abweichenden Grundsatz geschustert. Absonderlich, verblendet, wissenschaftlich aufgeblasen und degeneriert will er in diesem Jahrhundert der Aufklärung und des Scharfsinns in gröbster Unwissenheit als Despot über ein Geschlecht befehlen, das alle intellektuellen Fähigkeiten besitzt; er beabsichtigt, in den Genuss der Revolution zu kommen und seine Rechte auf Gleichheit einzufordern, um darüber hinaus nichts zu sagen.“(Vorwort zur Die Rechte der Frau)
Ihre Schrift "Die drei Urnen oder das Wohl des Vaterlandes"
führte schließlich zu ihrer Verhaftung. Diese gab Anlass, in Olympe de Gouges eine Anhängerin der Partei der Girondisten zu sehen, die zur selben Zeit (im Mai/Juni 1793) aus dem Konvent ausgeschlossen wurden. De Gouge hatte darin eine Volksbefragung zu drei möglichen Regierungsformen vorgeschlagen: "Republikanische Regierung, eins und unteilbar; föderative Regierung; Monarchie." Zudem hatte sie im Dezember 1792 den König, vor allem aus humanitären Gründen, öffentlich verteidigt. Sie wollte die Umgestaltung der Gesellschaft nicht durch sinnlose Gewalt, sondern durch Worte, durch die Veröffentlichung ihrer Schriften und den unablässigen Appell an die Vernunft erreichen. Dadurch blieb sie – trotz ihrer Differenzen zu Rousseau – eine wahre Vertreterin der Aufklärung.
De Gouges kam vor das Revolutionstribunal. Beide Aktionen, ihre Schrift wie auch die Verteidigung des Königs, wurden ihr als Propaganda zur Wiederherstellung der Monarchie ausgelegt. Am 3. November 1793 wurde Olympe de Gouges geköpft.
Olympe wurde nicht nur als Parteigängerin der Girondisten, sondern auch als Frauenrechtlerin verurteilt. Zwei Wochen nach ihrem Tod wurde sie in einer Rede des Führers Chaumette anderen Frauen als warnendes Beispiel vorgehalten: "Erinnert Euch dieser Virago... der schamlosen Olympe de Gouges, ... die die Pflichten ihres Haushaltes vernachlässigt hat, die politisieren wollte und Verbrechen beging. Alle solchen unmoralischen Wesen wurden vom Rachefeuer der Gesetze vernichtet... Ihr möchtet sie imitieren? Nein, Ihr spürt wohl, daß ihr nur dann interessant und der Achtung würdig seid, wenn Ihr das seid, was die Natur wollte, das Ihr seid." [veröffentlicht im Courrier Républicain, 19.November 1793]
[Autorin: Dorette Wesemann, Redaktion: Ragnar Müller]
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