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SOPHIE

Lexikon der Philosophinnen

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Hildegard von Bingen

(Sybille vom Rhein)

Weltenei

Scivias das Weltall

Das riesige eiförmige Gebilde - das Universum - verdeutlicht das Unsichtbare und Ewige

 

 

<Danach sah ich ein riesiges dunkles Gebilde (instrumentum) wie ein Ei, oben spitz zulaufend, in der Mitte breiter und sich unten wieder verengend. Die äußerste Schicht bestand rundum aus leuchtendem Feuer und darunter lag etwas wie eine dunkle Haut. Und in diesem Feuer befand sich ein rötlich schimmernder Feuerball von solcher Größe, dass dieses Gebilde ganz von ihm erleuchtet wurde. Darüber waren drei Fackeln in der Höhe angeordnet, die mit ihrem Feuer den Ball hielten, damit er nicht herunterfalle. Und der Ball stieg manchmal empor und flammendes Feuer trat ihm entgegen, so dass seine Flammen weiter hinausschlugen; zuweilen neigte er sich abwärts und große Kälte ihm entgegen, so das er schnell seine Flamen zurückholte. Von dem Feuer, dass dieses Gebilde umgeben hatte, ging auch ein Wind mit seinen Stürmen aus; und von der Haut die darunter war, wehte ein anderer Wind mit seinen Stürmen, die sich in diesem Gebilde nach allen Seiten verteilten. In der Haut aber befand sich ein düsteres, dass so schrecklich war, dass ich es nicht anschauen konnte. Es erschütterte die ganze Haut mächtig mit Donnergetöse, Gewittersturm und Hagel von großen und kleinen sehr spitzen Steinen. Als sich das Getöse erhob, gerieten das leuchtende Feuer, die Winde und die Luft in Aufruhr, so dass die Blitze dem Donner zuvorkamen; denn das Feuer verspürte die erste Regung des Donners in sich.

Doch unter der Haut befand sich ganz reine Luft und keine Haut war unter dieser. In ihr erblickte ich jedoch einen größeren, weißglühenden Feuerball, über dem deutlich zwei Fackeln in der Höhe angeordnet waren; sie hielten den Ball, damit er seine Laufbahn nicht überschreite. Und in dieser Luft gab es überall viele helle Kugeln. Ab und zu entleerte der weiße Feuerball etwas von seinem Glanz in sie.  Dann kehrte er unter den erwähnten rötlichen Feuerball zurück, entzündete aufs neue an ihm seine Flammen und blies sie wiederrum in die Kugeln. Doch auch in der Luft entstand ein Wind, der sich mit seinen Stürmen in dem besagten Gebilde überall ausbreitete. Unter dieser Luft aber sah ich eine Dunstschicht und darunter eine weiße Haut, die sich da und dort ausbreitete und dem ganzem Gebilde Feuchtigkeit spendete. Zuweilen zog sie sich plötzlich zusammen und sandte einen heftig prasselnden Platzregen aus. Dann wieder dehnte sie sich behutsam aus und ließ angenehm sanften Regen herabtropfen. Doch auch daraus kam ein Wind mit seinen Stürmen, der das ganze Gebilde durchwehte.

Und inmitten dieser Elemente befand sich eine sehr große Sandkugel. Die Elemente hielten sie so umfasst, dass sie nach keiner Seite herabfallen konnte. Doch wenn die Elemente zuweilen mit den Winden zusammen stießen, brachten sie manchmal durch ihren Zusammenprall auch die Kugel ein wenig in Bewegung.

Und ich sah zwischen Norden und Osten etwas wie einen riesigen Berg, an der Nordseite war er finster und an der Ostseite hell beleuchtet; doch war er so, dass weder das Licht der Finsternis noch die Finsternis das Licht erreichen konnte.>

 

(SCIVIAS, Wisse die Wege”, 1. Teil; 3. Vision Erstes Buch; 3. Kapitel: - Gott, Kosmos und Mensch - übersetzt und herausgegeben von Walburga Storch OSB; erschienen im Pattloch -Verlag)

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