Marie Le Jars de Gournay war das älteste von sechs Kindern einer armen Familie des französischen Landadels. Ihre Eltern versagten ihr eine Ausbildung, so dass sich die junge Marie ihr Wissen selbst beschaffte. Heimlich las sie Bücher aus der Bibliothek ihres Vaters und brachte sich Latein selbst bei, indem sie lateinische Texte mit der französischen Übersetzung verglich.
Obwohl Autodidaktin, wurde Marie de Gournay eine der gebildetsten Frauen ihrer Zeit. 1584 las sie Montaignes Essais. Begeistert von Montaignes Philosophie schrieb sie ihm 1588, daraufhin besuchte sie Montaigne für mehrere Monate. Zwischen den beiden entwickelte sich eine tiefe Freundschaft. Bei seinem Tod 1592 bestimmte er die junge Philosophin – die er seine fille de alliance („Wahltochter“) nannte – zur Verwalterin seines literarischen Nachlasses. 1595 publizierte Marie de Gournay postum in Paris eine Neuausgabe der Essais.
Ihre ungewöhnliche Lebensweise als alleinstehende Frau, welche versucht, ihren Lebensunterhalt durch das Schreiben zu verdienen, stimmt ihr theoretisches Argument auf dem Recht auf gleichen Zugang von Männern und Frauen zur Bildung und zu öffentlichen Ämtern ab. Gournay`s umfangreicher literarischer Korpus berührt eine Vielzahl von philosophischen Fragen. Ihre Abhandlungen über Literatur verteidigen die ästhetischen und erkenntnistheoretischen Wert der Metapher in der poetischen Sprache. Ihre Arbeiten in der Moralphilosophie analysieren die Tugenden und Laster der Höflinge, mit besonderem Augenmerk auf das Übel der Verleumdung. Ihre pädagogische Schriften betonen Bildung in moralische Tugend nach dem Renaissance-Tradition. Ihre soziale Kritik greift die Korruption an dem Hof, Klerus und Aristokratie der damaligen Zeit an. In ihren Schriften über das Geschlecht, versucht Gournay anhand von antiken, biblischen und kirchlichen Quellen zu demonstrieren, dass die Gleichstellung der Geschlechter und die Rechte der Frauen in der Schule und am Arbeitsplatz zu fördern sind.
John J. Conley jconley1@loyola.edu Loyola University in Maryland USA
Marie de Gournay übersetzte große antike Klassiker wie Tacitus, Ovid, Cicero und Vergil ins Französische. Sie verfasste einige literatur- und sprachtheoretische Schriften, Gedichte und einen Roman,
Le Proumenoir de Monsieur de Montaigne.
Eines Ihrer bekanntesten Werke ist
Crief des Dames (Trauer der Frauen)(1622)
De Gournays Hauptwerk besteht aus philosophischen Abhandlungen zur Moral, zur Theologie und zur Situation der Frauen. Auf dem Höhepunkt der Hexenverbrennungen in Europa nahm sich die mutige Frau kein Blatt vor den Mund und kritisierte scharf und pointiert, dass Frauen keinen Zugang zu Bildung und Besitz hätten:
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